Interview mit Elterngespräch – ein Podcast von Eltern.de

Persönlichkeitsverlust im Wochenbett.

Und noch ein gelungenes Interview, wie mir scheint, das “Das Elterngespräch” – die Podcastreihe vom renommierten Magazin “Eltern” mit mir geführt hat. Diesmal ging es um das verbreitete Gefühl, das viele junge Mütter im Wochenbett empfinden, nämlich nicht mehr die alte zu sein, sich nicht mehr wieder zu erkennen und damit zu kämpfen, eine neue Identität zu finden.

Dieses Thema ist sehr ausführlich in meinem Buch im Kapitel über das Wochenbett beschrieben. Es ist ein Phänomen, das uns sehr unerwartet trifft, denn wir haben uns bisher mit unserer angelernten Identität im sozialen und beruflichen Leben gemütlich gemacht. Wir tragen eine Maske, die ein gewünschtes Bild nach außen abgibt. Nur just im Moment des Mutterwerdens zerbröselt sie wie eine alte aufgesetzte Fassade und offenlegt ihr falsches Dasein. Sie trägt nicht mehr und wir wollen sie auch nicht mehr tragen. Das ist der Grund, warum wir im Wochenbett oft die Kontakte zu unseren alten Freunden und Bekannten meiden, nicht ans Telefon gehen und uns zurückziehen. “Sie rufen doch noch die Frau an, die ich früher war und die ich nicht mehr bin.” lautet dann oft die Antwort.
Aber wer sind wir jetzt?

Dieser und einigen anderen Fragen geben wir in diesem Interview auf den Grund, aber noch viel mehr und tiefer in meinem Buch. Hört gerne rein! https://open.spotify.com/episode/1M017SKXypt7lpTIbdhg8V?si=1f58295fa8de458e

 

Podcast-Interview für “Muttergefühle”

Wie viel von unserer Kindheit steckt noch in uns, wie wurden wir geprägt? Was macht das Erlebte mit uns? Und was davon nehmen wir mit, wenn wir selbst Mutter oder Vater werden?
Darum geht es im neuen Podcast-Interview, das Katharina Fuß für ihre Podcast-Reihe Muttergefühle mit mir geführt hat.

Wir haben darüber gesprochen, welche Bedeutung unser inneres Kind und unsere frühe Kindheit darin spielt, wie wir selbst heute als Eltern agieren. Außerdem hat sich Katharina auf eine Zeitreise mit mir eingelassen, die ich normalerweise mit Klientinnen mache, wenn es darum alte Erfahrungen aufzuarbeiten. Tune in! 

Ein Neuanfang

Auch wenn politische Themen derzeit omnipräsent sind, möchte ich heute nicht über Politik schreiben, sondern darüber, wie es ist, etwas Neues anzufangen. Ein Neuanfang kann im Kleinen wie im Großen geschehen – eine neue Frisur, neue Bekanntschaft, ein neues Hobby oder eine neue Gesellschaftsform?

Ich habe vor Tagen meinen größeren Töchtern ihre Haare um ca. die Hälfte der Länge gekürzt und schon fühlen sie sich wie neugeboren, verändert und plötzlich so erwachsen. Sie verhalten sich anders, reden und bewegen sich anders. Ich erinnere mich: Eine neue Frisur war in der Kindheit ein großes Ding. Man fühlte sich wie gehäutet und völlig erneuert.

Auch ich habe einen Neubeginn gewagt und lerne seit Kurzem Trompete spielen. Es ist zauberhaft, ein neues Instrument zu entdecken. Ich spiele Klavier, seitdem ich acht bin und jetzt wage ich mich an ein neues Instrument heran, das ganz anders funktioniert. Klavier ist recht analog: Eine Taste – ein Ton, große Amplitude, es geht in die Weite, an der Tonqualität kann man nicht viel drehen, außer es lauter oder leiser zu spielen. Man fühlt sich mit Musik ein wenig auf Distanz. 

Die Trompete beansprucht den ganzen Körper und geht an das Innigste – deinen Atem, deine Mitte, deine Stimme und dein Kommunikationsorgan. Trompete ist subtiler und mit mehr Seele behaftet als das mechanische Klavier. Ihre Bauart ist recht einfach, fast schon primitiv. Die russische Bezeichnung entspricht dem ganz gut: Auf russisch heißt Trompete nämlich einfach „das Rohr“. Diese Einfachheit fasziniert mich und lässt Tieferes dahinter vermuten.

Auch im Großen können wir Neuanfänge erleben, die oft nach Krisen stattfinden. Ich habe bereits ein Systemwechsel erlebt, als die Sowjetunion zusammenbrach und die ganze Gesellschaft plötzlich vor nichts stand und sich langsam in ein neues System finden musste, nicht ohne Entbehrungen und Leidensdruck. Heute stehen wir vielleicht auch vor tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft, deren Ausmaß wir noch nicht einschätzen können. Krisen entstehen, wenn es nicht mehr so weiter gehen kann wie bisher. Dann ist ein Neubeginn der einzige Weg nach vorn.

In meinem beruflichen Alltag ist die Geburt der Kinder der häufigste Neuanfang, mit dem ich konfrontiert werde. Für viele geht es dann auch nicht mehr so weiter wie bisher, dann ist es eine Riesenchance, sich neu zu orientieren, mehr zu sich zu finden, sich mit seinem Wesen zu verbinden und einen Neuanfang zu wagen.

In jedem Anfang ist die ganze Entwicklung bereits enthalten, wie ein Baum im Samenkorn bereit im Keime enthalten ist. Es kommt darauf an, ob wir günstige Bedingungen schaffen können, damit aus dem Samenkorn tatsächlich ein Baum wird. Unser Geist stellt die Weichen und bewirkt, dass aus kleinem Neuanfang eine große schöne Sache werden kann. Nur Mut!

Die Versöhnung mit dem Tod.

 

Laut Statistik entspricht das durchschnittliche Alter eines Corona-Toten ungefähr seiner Lebenserwartung – ca. 78-82 Jahre, je nach Quelle. Es gehen also Menschen, deren Zeit ohnehin gekommen war. Im dritten Winter der Pandemie frage ich mich, was mit uns eigentlich los ist?

Als Psychotherapeutin erlebe ich das Phänomen, dass das, was der Patient erzählt oft nur etwas Vordergründiges ist, es ist nicht das Gleiche, was auf der seelischen Ebene geschieht. Der Hund ist meist ganz wo anders begraben, aber es ist uns nicht bewusst. Ein wesentlicher Teil der Psychotherapie besteht gerade darin, sich dessen bewusst zu werden, indem man Projektionen und Verdrängung überwindet.

Was geschieht also mit uns seelisch in der Pandemie? Ich glaube, es ist die Angst vor dem Tod, die uns in den Wahnsinn treibt. Der Tod wird durch den Medien-Verstärker nahezu omnipräsent. Wir lesen jeden Tag die Totenstatistik. Unter Pandemie sterben die Alten anders: Früher starben sie unbemerkt an der Grippe, bei sich zu Hause; jetzt – auf der Intensivstation unter dem Beatmungsgerät, ja fast schon im Rampenlicht.

Unsere Endlichkeit wird uns vor Augen geführt und wird bewusster denn je. Ganz insgeheim leben wir tagtäglich im Glauben unsterblich zu sein. Wer beschäftigt sich schon gerne mit dem eigenen Tod? Wer überlegt sich, wie und wann es wohl passiert, was danach kommt und wie es hier auf der Erde ohne uns weitergeht? Der Tod ist stark verdrängt und unter tausend Schlössern weggesperrt. Und nun in der Pandemie ist die ganze Verdrängungsarbeit hinfällig.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir uns an jedes Stroh festzuhalten versuchen, der uns vermeintliche Sicherheit verspricht oder Sündenböcke suchen, an denen wir unsere Angst und Frust abladen können. Doch es hilft alles nichts. Wir können die eigene Sterblichkeit nicht länger ignorieren. Sie ist vielleicht der einzig sichere Fakt momentan, aber auch eine Einladung, unser Leben grundsätzlich zu überdenken.

Es lebt sich anders, wenn man weißt, dass unsere Zeit begrenzt ist. Das berichten viele todkranke Menschen mit sicherer Diagnose und begrenzter Zeitperspektive. Was würdest du machen, wenn du wüsstest, dass heute dein letzter Tag wäre? Wir erlauben uns dann endlich zu uns selbst zu finden, unseren innigsten Wünschen nachzugehen, unsere Träume zu verwirklichen und unsere Seele aus dem Käfig der Verpflichtungen zu befreien.

Und das sollten wir jetzt dringen tun! Dann wird unsere Endlichkeit gar kein Problem mehr, denn wir haben aus voller Brust und mit offenem Herzen gelebt. Dann ist der Tod nicht das schreckliche Ende, sondern nur ein Übergang, wohin auch immer. Unsere Seele wird uns fröhlich dorthin begleiten, wenn wir sie lassen.

 

Pandemie der Konformität

Ich habe Sozialpsychologie studiert und schon im Studium vielen Phänomenen des menschlichen Gruppenverhaltens begegnet, die alles andere als rational schienen, sondern oft ungerecht, manchmal brutal oder sogar tödlich. Denken wir nur an die vielen Experimente der 70-er Jahre, die die menschlichen Abgründe zum Tageslicht trugen und die in die Lehrbücher eingingen. Einige wurden sogar verfilmt: Im Film „Experiment“ mit Moritz Bleibtreu z. B. wurden Menschen nach Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Häftlinge und Aufpasser. Diejenigen, die die Macht bekamen, über die anderen zu bestimmen, verhielten sich grausam und bestraften ihre Kommilitonen, als wären diese tatsächlich die schlimmsten Straftäter gewesen. Im anderen Experiment bekamen Probanden die Möglichkeit, andere Teilnehmer für kleine Fehler mit Stromschlag zu bestrafen und die Stromstärke selbst zu regulieren. Sie reizten diese Möglichkeit bis zur tödlichen Stromstärke aus. Wissenschaftler rätselten über die Motive, Beweggründe und über das „Bose“ im Menschen, das scheinbar immanent da ist, nur im Alltag sich kaum zeigt, aber oft dann, wenn es kritisch wird, im Stress oder bei Angst.

Ich will damit auf die heutige Situation hinaus. Ich bin mir sicher, dass die aktuelle Pandemie ebenfalls in die Geschichts- und Lehrbücher eingehen wird, nicht nur für die Mediziner, sondern auch für die Sozialpsychologen. Das Verhalten der Gesellschaft angesichts dieses Stresstests wird die Wissenschaftler noch lange beschäftigen. Wir erleben eine Pandemie der Konformität, Peinigung der Andersdenkenden, Sündenbock-Verhalten, Projektionen und Gegenprojektionen. Der gesunde Menschenverstand scheint ausgesetzt zu haben, es ist nicht möglich, sachlich miteinander zu sprechen ohne dass die Gemüte sich erhitzen.

Nicht das erste Mal in der Geschichte erleben wir die Spaltung, die Ausgrenzung des Andersartigen, die Lust, es von der Erdoberfläche verschwinden zu lassen. Leider ist unser Gedächtnis kurz und die Lernkurve flach.

Ich möchte noch ein Video mit euch teilen. Hier spricht eine Ethik-Professorin aus Kanada – einem behüteten Land, wo die Welt scheinbar noch in Ordnung ist. Doch auch dieses Bild trügt. Ihre Worte sind eindringlich.

Die Zeitreise zum inneren Kind im Live-Interview.

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist die Arbeit mit dem inneren Kind. Das konkrete Verfahren dazu ist im Laufe der Arbeit entstanden, teils durch Impulse der Klienten, teils durch meine Reflexionen. Ich nenne die Technik „Zeitreisen“.  Es geschieht im Liegen. Mit geschlossenen Augen „reisen“ wir zurück in die Kindheit und erleben eine bestimmte Situation, als wären wir wieder da, wieder klein und erleben Dinge, die wir damals erlebt hatten. Der einzige Unterschied ist, dass ich diesmal dabei bin und helfe, die verdrängten Gefühle aufzuspüren, die niemand für uns damals verbalisiert hat. Es ist eine Art Detektivarbeit. Ich benenne dann diese entwischten Gefühle, und der Klient kann diese, wenn das für ihn oder sie stimmig anfühlt, als Teil der eigenen Biographie annehmen. Soviel in Kürze.

Eine mutige Mama namens Wiebke (@espensmama) hat live auf Instagram TV mit mir gewagt, den Sprung ins Ungewisse zu nehmen und vor Publikum mit mir auf die Zeitreise in ihre Kindheit zu gehen. Der Link zum Video kommt am Schluss aber zunächst noch etwas.

Es ist ein Unterschied, ob wir die alten Gefühle wieder spüren oder ob wir nur über sie reden. In den meisten Therapien geschieht nur das Zweite. Am Ende versteht mal vielleicht rational die Zusammenhänge, das alltägliche Leben ändert sich dadurch aber kaum.

Anders ist es, wenn wir uns während der Zeitreise mit unseren alten Gefühlen verbinden. Hier fühlen wir das, was wir uns lange nicht erlaubt hatten zu fühlen, entdecken Gefühle, die niemand bisher für uns benannt hat, spüren unsere Geschichte als ein unabdingbarer Teil von uns und verbinden uns mit uns selbst. Und das ändert alles. Denn man kann nichts verändern, was man nicht zuerst akzeptiert.

Hier geht es zum Video.